Ich lese recht viel. Manchmal empfiehlt mir Brigitte ein Buch. Gerade lese ich philosophische Betrachtungen bezüglich Quanten und Gedanken. Die heisenbergsche Unschärferelation ist ein Teil davon. Ich war in Physik immer ziemlich schlecht, aber seine Gedanken, Experimente, Beweise stellen die Grundlage für meine jetzige Vorstellung von Leben.
Hätte, könnte, wollte, sollte, dieses ganze Konstrukt, dieses Gespenst des Konjunktives, das eigentlich über allem schwebt, war bestimmt einmal Teil einer riesigen Wahrscheinlichkeitswelle. Nur hat sich das Teilchen bei Messung oder Betrachtung, ja eben beim Wirklich werden, für den anderen Spalt entschieden.
Die Vorstellung, dass der Zufall überhaupt eine Rolle in unserem Universum spielt, ist doch eigentlich sehr romantisch. Das heißt ja nichts anderes, als dass alles möglich ist. Und wir Menschen halten nur einen kleinen Teil der Wahrscheinlichkeiten in unseren Händen. Diese Erkenntnis lässt mich schließlich weiter zurücktreten, um einen noch umfassenderen und ganzheitlicheren Blick auf das komplette Bild zu erhalten.
Sehr schwierig, denn dieses Bild ist gewaltig. Wer schon einmal versucht hat, ein riesiges Gebilde voll und ganz wahrzunehmen, wird festgestellt haben, dass dies ohne ein verschwommenes äußeres Sichtfeld nicht möglich ist. Manche Teile sind nicht scharf erkennbar. Andere Teile verändern sich sogar. Die Welt beruht auf Veränderungen, und das Leben auf Meinung.
Die Meinung hängt immer vom Standpunkt des Betrachters ab. Vereinzelt gibt es Überschneidungen, aber jeder Mensch nimmt die Dinge ganz allein für sich wahr. Es ist müßig einen Konsens, eine Übereinkunft zu finden für eine Sache, die jeder Mensch unterschiedlich erkennt.
Ich denke, dieses ist das Leben. In allen Facetten jeglicher Farben schillernd. Das macht gelassen und entkrampft. Es lässt mich nicht mehr an Dingen festhalten, die längst verloren sind. Dafür sind neue Dinge, Menschen hinzugekommen. Es geht darum, sich einzulassen, neugierig, offen und mit großen Augen, staunend und wohlwollend die Welt und letztendlich das Leben zu betrachten. Auch wenn der eigene Standpunkt vielleicht etwas abseits liegt, es lohnt sich immer einen Blick vom großen Ganzen zu erhaschen.