10 – Totale Langeweile


Triggerwarnung

In diesem Blog geht es um die unheilbare neurologische Erkrankung Multiple Sklerose und somit auch um mögliche Auslöser schwieriger Gefühle, Erinnerungen oder Flashbacks. Die Texte enthalten Veranschaulichungen und Sprachbilder für solche Trigger – wie Dis­­kriminierungs­erfahrungen oder Todeswunsch. Bei manchen Menschen kann dies negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall sein könnte.
Hilfe erhältst du unter 0511 – 70 33 38 oder info@dmsg-niedersachsen.de.

Alter! Ich sitze hier seit gefühlt einem halben Tag im Garten, todmüde, um mich herum kläffen immer mal wieder irgendwelche bekloppten Vögel und die Nachbarn schmeißen abwechselnd ihre Wasserpumpen an. Mal Sonne, mal nicht, mal Wind, mal nicht. Das Buch ist ziemlich dick, bis jetzt kein Inhalt. Ich bin total von der Wärme benebelt und froh meine Kühlweste zu tragen. Wenigstens etwas von Beständigkeit an diesem Sonntag.

Ich habe so krass Bock auf Pressfleisch, ich kann es nicht beschreiben. Mir graut es davor, in die Wohnung zu gehen, was ich muss, denn es wird langsam warm. Die Vorstellung in den Keller gehen zu müssen, ist noch viel abstoßender. Was für eine komische Zeit. Die Nachrichten sind komisch und in meinem Handyspiel versage ich immer an der gleichen Stelle. Komisch.

Ich fahre jetzt zu BK und befriedige mein unzubändigendes Verlangen nach vor Fett triefendem, gegrilltem und ökologisch absolut unvertretbarem Konsumfressen. Allein der Müll, den ich gleich produzieren werde, ist ein beschwingter Spritzpup ins Gesicht eines jeden halbwegs vernünftigen Menschen. Meine Langeweile kotzt mich an, ich kotze mich selber an. Sich selbst zuzulassen, ist eine sehr schwere und leidvolle Angelegenheit. Was mach ich nur?

Mir geht es unbestimmt in letzter Zeit. Die MS ärgert mich sehr. Gehen, Gleichgewicht, Schreiben, Sex, kognitive Fähigkeiten etc. etc. Im Moment lässt einfach vieles nach. Das ist ziemlich frustrierend, aber ich kämpfe. Bekomme demnächst ein neues Medikament und meine Reha habe ich auf Anfang nächstes Jahr verschoben. Corona ist auch kein guter Freund, wobei ich sowieso nicht viel vor die Tür gehe. Dieses ständige Alleinesein (mit Ausnahmen) ist auch nicht gerade motivierend.

Ich bin nun über ein Jahr krankgeschrieben, bin oft sportlich aktiv, engagiere mich in meiner Selbsthilfegruppe und mache seit fast zwei Jahren Psychotherapie. Letzteres hilft mir sehr auf dem Weg zu mir Selbst. Aber es fällt mir schwer, die Orientierung beizubehalten und zu akzeptieren. Sowas wie eine Lebensplanung habe ich im Moment überhaupt nicht und natürlich leidet auch mein Selbstwertgefühl unter den ganzen Unzulänglichkeiten, die ich so mit mir rumschleppe. Ganz aktuell ist es wirklich ... (weiter in Beitrag 11 - Ein Kampf gegen Windmühlen)

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